Von FOMO & Digital Detox

“Handy, Schlüssel, Geld” - den Spruch kennen wir wahrscheinlich alle. Dass wir unseren Schlüssel und oftmals auch Geld benötigen, wenn wir rausgehen, ist logisch. Aber das Smartphone? Zum 20-minütigen Einkauf, Mittagsspaziergang oder im Fitnessstudio brauchst du dein Gerät doch eigentlich nicht, oder? Trotzdem haben wir es immer dabei. Es könnte ja sein, dass uns langweilig wird - oder noch schlimmer: dass wir Etwas verpassen könnten. Diese Angst hat mittlerweile sogar einen Namen: FOMO (engl.: fear of missing out). Wir glauben, dass unser eigenes Leben langweilig und nicht gut genug ist, wenn wir Fotos von unseren Kolleg*innen, Freund*innen und Bekannten sehen, die auf großer Weltreise, im schicken Restaurant oder auf einer großen Party sind, während wir auf der Couch sitzen, Serien schauen und dabei Chips essen. 
Wir greifen zum Smartphone wenn wir uns schlecht fühlen und um uns abzulenken. Doch meistens fühlt man sich nach der Nutzung nicht besser, sondern nur noch schlechter. 
Vor dem Schlafen gehen, direkt nach dem Aufwachen, beim Essen, in der Straßenbahn, sogar wenn wir uns mit Freund*innen treffen ist das Smartphone unser ständiger Begleiter. Im Jahr 2015 war “Smombie” das Unwort des Jahres - ein Neologismus aus Zombie und Smartphone. Jedes Jahr passieren unzählige Unfälle - weil ein*e Fahrer*in während des Fahrens am Smartphone beschäftigt war.

FOMO

Auch gerade jetzt in Zeiten von Kontaktverboten und sozialer Distanznahme verbringen wir viel mehr Zeit vor unseren digitalen Geräten: Online-Shopping, Social Media, Streamingdienste, Online-Games und und und. Das kann dazu führen, dass wir uns am Ende des Tages noch mieser fühlen, weil wir zwar mit vielen “schönen” Dingen konfrontiert worden sind - sie aber nicht selbst erlebt haben.
Ständige Vergleiche tun uns nicht gut. Überleg mal: Würdest du dich genau so schlecht mit dir und deiner Art zu leben fühlen, wenn du diese Inhalte nicht konsumiert hättest? Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen, dass jeder Mensch unterschiedlich ist und andere Prioritäten und Ziele besitzt. Außerdem müssen wir aufhören, immer auf etwas besseres zu warten und unser Leben so gestalten, dass wir zufrieden und glücklich damit sind. Der erste Schritt in die richtige Richtung dabei ist, aufzuhören sich ständig mit anderen zu vergleichen und somit auch achtsamer mit der eigenen Mediennutzung umzugehen. 

Dabei helfen kann “Digital Detox” - also die digitale Entgiftung. Wir haben sieben Tipps für dich, wie dir die Umstellung auf ein Smartphone-unabhängigeres Leben leichter fällt:

1. Alternativen finden

Wecker, Kalender, Karten, Musik: Dass wir alles auf einem einzigen Gerät haben, ist Fluch und Segen zugleich. Zwar hat man so immer alles beisammen, macht sich aber auch abhängig. Deshalb: Kaufe dir einen analogen Wecker (Ja, so etwas gibt es tatsächlich noch 😜). Somit ist dein letzter Griff abends und auch dein erster Griff morgens nicht direkt zum Smartphone und du wirst auch nicht dazu verleitet, noch andere Apps zu öffnen und kannst entspannt aufwachen und einschlafen. Das Gleiche kannst du auch mit anderen Anwendungen so machen. Zum Beispiel kannst du, statt auf die Uhr auf deinem Gerät zu schauen, doch lieber die gute alte Armbanduhr benutzen. 

2. Miste dein Smartphone aus

Setz dich hin und nimm dir Zeit, um dein Smartphone auszumisten. Fühlt sich ähnlich an, wie Klamotten aussortieren: der Prozess kann nervig sein, aber man fühlt sich richtig gut und befreit, wenn man nur noch das Zeug hat, was man wirklich benötigt. Gehe jede App durch, überlege wie oft du sie nutzt und ob du sie wirklich brauchst. Oftmals reicht es dann auch aus, einfach den Browser auf deinem Smartphone zu benutzen. Wenn du schon dabei bist, schalte deine Push-Nachrichten aus und dein Handy auf lautlos. So wirst du nicht so oft dazu verleitet auf dein Handy zu schauen, sobald es aufblinkt und kannst selbst entscheiden, wann du es benutzen möchtest. Auch Whatsapp-Gruppen lassen sich auf stumm schalten und du kannst deine Chats archivieren, um einen besseren Überblick zu behalten.

3. Smartphone-freie Zeit

Nimm dir bewusst Zeit, die du ohne deine elektronischen Geräte verbringst. Zum Beispiel beim Mittags- oder Abendspaziergang, beim Sport treiben oder beim Einkaufen. Du kannst dir auch feste Zeiten festlegen, die du ohne Handy verbringst. Das kann zum Beispiel die Stunde vor dem Schlafen gehen und die Stunde nach dem Aufwachen sein. Oder du verbringst direkt ganze Wochenenden und Urlaube ohne Handy. Vielleicht überlegst du dir auch einfach kleine Rituale, wie zum Beispiel die Essenszeiten komplett ohne Smartphone. Schalte es aus oder zumindest den Flugmodus ein und leg es in einen anderen Raum, damit du auch nicht in Versuchung kommst. Vielleicht hilft es dir auch, deinen Router zuhause ab und zu komplett auszuschalten. Somit ist die Hürde deutlich größer, doch wieder spontan zum Smartphone, Tablet oder Laptop zu greifen.
Du brauchst dein Smartphone übrigens auch nicht auf Konzerten. Genieß die Zeit ohne Ablenkung. Die Fotos und Videos werden sowieso meistens nichts und wenn doch, dann eher selten bis niemals wieder angeschaut. 

FOMO

4. Smartphone-freie Zonen

Passend zu der Handy-freien Zeit kannst du dir auch Orte überlegen, aus denen du dein Smartphone komplett verbannst, wie zum Beispiel den Essenstisch, das Schlafzimmer oder deine morgendliche Hunderunde. Du wirst so automatisch viel achtsamer dir und deiner Umwelt gegenüber.

5. Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung

Es klingt absurd, aber: Es gibt sogar “Digital Detox”-Apps, die deine Handynutzung tracken. Sie zeigen dir dann zum Beispiel an, wie viel Zeit du mit welcher App verbracht hast oder wie oft du dein Handy entsperrt hast. Sie können dir dann auch Erinnerungen schicken, wenn du ein bestimmtes Zeitlimit überschritten hast. Bei einigen Apps lässt sich das auch manuell einstellen.
Du kannst daraus auch eine kleine Challenge machen. Beispiel: Die App “Forest” hilft dir, dich zu konzentrieren und lässt dabei Bäume wachsen. Die Idee dahinter: Je länger das Handy nicht benutzt wird, desto besser kann der Baum wachsen -  schafft man es nicht, stirbt er. Du kannst dir die Wachstumszeit manuell einstellen und dann deinen Samen setzen. Forest blockiert dann die anderen Apps und bleibt als einzige geöffnet. Wenn du der Sucht nach Instagram, Facebook und Co. nicht widerstehen kannst, musst du vorher Forest schließen - aber dann stirbt dein Baum. Das Beste an der App: Sie arbeitet mit Organisationen zusammen, die wirklich echte Bäume pflanzen. 

6. Öfter telefonieren, weniger schreiben

Anstatt täglich mit deinen Freund*innen oder deiner Familie zu schreiben oder aufwändig Sprachmemos hin- und herzuschicken, gewöhne dich doch einfach um und telefoniere lieber einmal in der Woche mit ihnen. So nimmt man sich auch bewusster Zeit füreinander als wenn man sich schnelle Textnachrichten aus der Bahn oder kurz vorm einschlafen schickt. 
Sprich außerdem mit deinen Freund*innen und deiner Familie über eure Erwartungshaltung aneinander, wenn es um das Beantworten von Textnachrichten geht. Oftmals fühlen sich viele Menschen unter Druck gesetzt, weil sie glauben, sofort antworten zu müssen, damit die andere Person nicht sauer oder traurig wird. Besprich einfach mit Ihnen, dass du gerne deine Handyzeit einschränken möchtest und sie sich nicht sorgen sollen, wenn du nicht sofort antwortest.

7. Bewusste Handyzeit

Genau so wie du dir die bewusste Zeit ohne die elektronischen Geräte einplanst, nimmst du dir genau und bewusst Zeit, an denen du am Handy sein “darfst”. Wenn du dir direkt alles verbietest und deine Vorsätze dann nicht einhalten kannst, wirfst du sie leichter wieder über Bord, als wenn du Schritt für Schritt deine Handynutzung reduzierst. Setze dir aber ein genaues Zeitlimit, damit du nicht in alte Muster zurückfällst. 

Social Media

Wenn dir diese Tipps helfen und du bewusst auf deine Nutzung achtest, wirst du schnell merken, dass Digital Detox kein Verzicht bedeutet, sondern befreiend sein kann: Du verpasst nichts, wenn du mal ein paar Stunden oder sogar Tage nicht in den sozialen Netzwerken unterwegs bist. Weil du dich weniger ablenkst, kannst du dich mehr mit dir selbst auseinander setzen und dir überlegen, was dich glücklich macht und wie du dein Leben gestalten willst. So beugst du “”FOMO” vor und wirst nicht verunsichert, wenn du Bilder von Freund*innen oder Kolleg*innen siehst, die vermeintlich so viel mehr erleben als du. 😊

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